Winter Training Camp
Eine der wirklich schönen Seiten am Leben als Triathlon-Profi ist es, immer eine gute Begründung zu haben, um dem Winter mit seiner Kälte und seinen Bazillen zu entfliehen. Brett holt seine Athleten jeden Winter irgendwo hin, wo’s richtig warm ist: Auf die Philippinen, nach Südkorea, nach Thailand, nach Australien. Die europäischen Athleten trainieren dieses Jahr in einem grandiosen Resort, Sands Beach, Costa Teguise, Lanzarote. (Mehr zu der Location im nächsten Blog.)
Ich habe ja nun schon viele Trainingslager gemacht, und doch stelle ich immer wieder fest, dass die meisten Camps gleich ablaufen:
Nämlich kann man die Neuankömmlinge die ersten zwei Tage an ihrer käsigen Körpertönung erkennen; die nächsten drei Tage dann an ihrem knallroten Sonnenbrand; und danach an ihren eingefallenen Gesichtern beim Frühstück, weil sie sich in den ersten Tagen entgegen aller Beteuerungen halt doch abgeschossen haben. Wieder daheim, wird der typische Athlet halt doch erst mal krank – und mit der Grippe wird gleich auch der Trainingseffekt ausgeschwitzt.
Die Athleten im teamTBB machen oder müssen es anders machen. Nicht weil wir schlauer wären; aber weil wir wissen, dass wir die zwei, drei oder mehr Wochen mit Brett nicht überlebten, ließen wir es die ersten Tage richtig krachen. Also erst mal locker anfangen, dem Körper Zeit geben, sich an die Zeitumstellung und den Temperaturunterschied zu gewöhnen. Selbst in Lanzarote sind das zum kalten Deutschland bis zu 30 Grad Unterschied. Das ist schön, das stimmt euphorisch – trotzdem muss der Körper sich an die neue Umgebung erst anpassen.
Vielleicht der größte Unterschied zum typischen Trainingslager des typischen Athleten ist, dass wir keine höheren Umfänge trainieren als sonst auch. Zugegeben, wir trainieren viel. Aber wir trainieren immer viel. Bestimmte Einheiten trainieren wir vielleicht härter als sonst, weil es natürlich ein Ansporn ist, sich mit den alten oder neuen Athleten im Team zu messen, aber die Umfänge bleiben relativ konstant.
Im Gegensatz dazu verdrei- oder vervierfacht(!) der typische Athlet seine Umfänge für die Zeit im Camp. Jeder will Trainingsweltmeister werden, weniger als 1000 Radkilometer pro Woche sind nichts, ein Pausetag ist ein verlorener Tag und wer sich nicht richtig fertig fühlt, fühlt sich nicht richtig gut.
Außerdem werden natürlich nicht nur Körperfarbe, Umfang und Intensität optimiert, sondern bei der Gelegenheit auch das Gewicht gleich mit. Unser typischer Athlet trainiert drei Mal mehr, isst aber nur halb so viel wie normal. Damit ist er dann spätestens ab dem dritten Tag in einer hoffnungslos katabolen Stoffwechsellage (schön am eingefallenen Gesicht beim Frühstück zu sehen) und alle regenerativen Bemühungen des strapazierten Körpers werden gleich im Keim erstickt. (Nein, auch wir sind davor nicht gefeit, aber Brett wirkt dem entgegen, indem er seine Athleten manchmal mit Schoko-Donuts „zwangsernährt“.)
Macht es deswegen im nächsten Camp anders. Macht, was Brett uns eingetrichtert hat:
- Mach ein Trainingslager!
Lass dem Körper Zeit, sich an die Zeit- und Temperaturumstellung zu gewöhnen. Trainier nicht zu viel und zu hart am Anfang. Und: Sonnenschutz nicht vergessen!
- Training ist Training und Wettkampf ist Wettkampf! Halte dein Ego in Schach. Und nein, die Leistungshierarchie innerhalb der Trainingsgruppe muss nicht nach den ersten drei Tagen ausgekämpft sein.
- Trainiere nicht (viel) mehr als was du durchschnittlich daheim trainierst – aber genieße es mehr! Im Camp hast du ideale Trainingsbedingungen. Sonne, Wärme, Trainingspartner. Du solltest auch mehr Regeneration haben, mehr Zeit für dich, weniger Stress.
- Ein Trainingslager ist der schlechteste Ort und Zeitpunkt abzunehmen! Viel trainieren und wenig essen verstärkt die abbauenden Prozesse im Körper. Iss immer mindestens so viel, wie du am vergangenen Tag verbraucht hast.
Mit diesen Ratschlägen kommt ihr fitter und gleichzeitig erholter aus eurem Trainingscamp zurück! Ihr nehmt den Schwung und die Sonne mit ins Training daheim – anstatt erst mal zwei Wochen „regenerieren“ und dann wieder da anfangen zu müssen, wo ihr vorher auch schon wart.
Train smart!
Jo
PS: Vom 22.03. bis zum 05.04. bietet das teamTBB auf Lanzarote ein exklusives, ein- oder zweiwöchiges Trainingslager für Triathleten an. Die Teilnehmerzahl ist auf 10 Athleten begrenzt. Info und Kontakt: jo@jospindler.com
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Jo Spindler ist Triathlon-Profi und seit 2011 Headcoach des teamTBB Germany. Er konnte in seiner Karriere 5 Langdistanzrennen gewinnen. Als Coach wurde Jo von der Trainerlegende Brett Sutton ausgebildet. Jo trainiert Athleten aller Leistungsklassen.
Homepage und Kontakt: www.jospindler.com