Local Hero Andrea Seehuber bloggt: Visualisierung
„Schau den Zielpunkt an. Denk an Triathlon. Da vorne, das Ziel ist gleich da. Visualisierung. Schau nach vorne.“ Meine Lauftrainerin Pamela Gutsch redet mir unentwegt zu, versucht mir zu helfen, weiter einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ich versuche ihre Tipps anzuwenden, doch mein Blick springt immer wieder zurück zum Touchscreen des Laufbandes, genauer, zur verbleibenden Zeit. Die Sekunden, die mir noch fehlen, um drei Minuten lang ein Lauftempo von 16 km/h durchgehalten zu haben. Meine Beine fühlen sich komisch schwach an. Die Versuchung, stehen zu bleiben, ist groß. Aber das Fließband unter meinen Füßen dreht sich ungebremst weiter. Dann renne ich mit einem Fuß vorne gegen das Plastik und komme aus meinem Rhythmus raus. Ich muss mich festhalten, was die Stimme in meinem Kopf, die an meine Bequemlichkeit plädiert, sofort nutzt. In diesem kurzen schwachen Moment fällt meine Widerstandskraft zusammen und ich breche den Laktattest ab, kurz vor dem Ziel, das ich mir für diesen Tag gesetzt hatte.
Bereits das dritte Mal durfte ich in den Räumen des Laufbandherstellers h/p/cosmos meine Pulsbereiche ermitteln. In meinem Bericht „(An)spannung“ habe ich die Biologie hinter einem Laktattest, dessen Sinn und Ablauf genauer beschrieben. Dieses Mal war es genauso konzipiert. Bei der Startgeschwindigkeit von 6km/h bin ich noch gegangen, Schrittgeschwindigkeit, worüber wir uns köstlich amüsiert haben. 30 Sekunden Pause. Blutprobe. Drei Minuten lang 8km/h. Und so weiter. Bis man nicht mehr kann. Jeder hat irgendwo seine Grenze, jeder Amateur, jeder Profi. Man lebt ruhiger, wenn man das akzeptiert hat und den Ehrgeiz in seine gesunden Schranken weist. Also lasse ich es jetzt bleiben und schreibe von den Erfolgen, die mir der Test schriftlich bescheinigt hat:
Die Vorbereitung auf die CTT hat sich vor allem für meine Ausdauer bezahlt gemacht. Bei gleichem Puls bin ich um 2km/h schneller. In anderen Worten: Habe ich vor neun Monaten bei einer Geschwindigkeit von 10km/h noch 178 Herzschläge pro Minute gehabt, laufe ich jetzt 12km/h mit 181 Herzschlägen. Vor dem Test war ich nervös, obwohl mir klar war, wie unbegründet die Sorge ist, meine Werte könnten sich trotz der vielen Bewegung nicht oder nur kaum verändert haben.
Wenn ich auf die „Off-Season“ zurückblicke, habe ich wirklich drauf geachtet, nichts schleifen zu lassen. An erster Stelle standen der Spaß und die Freiwilligkeit, aber trotzdem habe ich überlegt, was und wie ich trainieren könnte. Für das eigene Training verantwortlich zu sein ist stressig. Sind die Umfänge und Übungen richtig? Bringt es mich dahin, wo ich hin will? Ich weiß, dass es unter Amateuren wie mir nicht der Normalfall ist, einen professionellen, abgestimmten Trainingsplan zur Verfügung gestellt zu bekommen. Es ist ein Privileg, das ich wirklich schätze. Sonntagabends drucke ich ihn aus, DINA4, und pinne ihn an meine Wand. Die kleinen Etappenziele wortwörtlich greifbar.
Schon zwei Trainingspläne hängen dort. Bisher läuft es rund und meine Vorfreude war berechtigt. In nächster Zeit ersetzt noch Spinning das Rennradfahren, wofür Steffi und ich Kurse im Gesundheitszentrum Chiemgau besuchen. Eine schöne Abwechslung zu den vielen Stunden in denen man für sich allein trainiert. „Da ist man einfach noch mehr bereit, sich richtig zu quälen“, bemerkt Steffi im Traunsteiner Tagblatt. Das unterschreib ich. Das nicht: „Mich zeichnet eine Abneigung gegen Intervalltraining aus“, zumindest nicht in dieser absoluten Ausdrucksweise. Das habe ich mal geschrieben. Ja, es sind harte Trainingseinheiten, aber nicht nur für mich. Niemand macht das wirklich gern. Ein Teammitglied vom TSV Chieming sagte: „Sie sind nicht schön, aber sie machen schnell“. Ein Grund sie zu mögen. Und jetzt hat Bernd es tatsächlich geschafft, mir ein Laufintervalltraining zusammenzustellen, das ich mag. Der Hauptteil besteht unter anderem aus zwölf Mal abwechselnd einer Minute Tempo und einer Minute locker Laufen als Pause. Hat mir gefallen.