Local Hero Andrea Seehuber bloggt: Die Reise ins Ungewisse
Geschafft. Meine erste Teilnahme bei einer olympischen Distanz war erfolgreich, meine Gesamtzeit beträgt 2:57 Stunden.
Am Sonntag, dem eigentlichen Wettkampftag, bin ich lange nicht so nervös wie die Tage davor. Vielleicht weil man wirklich nichts mehr tun kann, egal ob für die körperliche Fitness oder die Ausrüstung in der Wechselzone. Schon am Abend davor haben alle Starter auf der Kurz- und Mitteldistanz ihre Räder eingecheckt, sodass in der Früh alles ganz entspannt ist. Dann geht es an den Start. Der See ist ruhig, das Wetter angenehm kühl. Die Mitteldistanz-Starter sind schon seit über 25 Minuten im Wasser, als wir, die Frauen auf der Kurzdistanz, in den See steigen. Diesen Weg muss ich diesmal alleine gehen. Meine Teamkollegin Stephanie Brenninger kann aus gesundheitlichen Gründen nicht starten. Wir haben bis zum Schluss gehofft, aber Steffis Entscheidung, die erste Kurzdistanz zu verschieben, ist das einzig richtige.
Im Neoprenanzug mache ich ein paar Minuten gut und komme unerwartet schnell aus dem Wasser. Doch den Lauf zur Wechselzone kann ich diesmal nicht so genießen wie vor einem Jahr, denn meine Gedanken kreisen um folgendes Problem: „Verdammt, der Reißverschluss klemmt.“ In der Wechselzone angekommen, hat sich daran noch nichts geändert. Gewalt ist dann die Lösung, doch es kostet mich einiges an Zeit, über vier Minuten bleiben liegen.
Das Radfahren ist in Ordnung, insgesamt ist es ein 30 km/h-Schnitt. Ich laufe los und merke: das wird hart. Direkt im Anschluss an 1,5 Kilometer Schwimmen und 40 Kilometer Radfahren ist man doch langsamer als geplant. In meiner Laufzeit, 58 Minuten, sehe ich also viel Verbesserungspotential. Aber eine glückliche Fügung hilft mir, den Großteil der Strecke in einem guten Tempo durchzuhalten:
Nach ein oder zwei Kilometer sind ein Mann und ich gleich auf. Aber keiner von uns beiden ist schneller, um den anderen hinter sich zu lassen, also laufen wir gemeinsam. Es ist eine stille Übereinkunft, bis auf einen kurzen Wortwechsel am Anfang der zweiten Runde. Ich merke, wie meine Muskeln beim steilsten Anstieg der Strecke leicht verkrampfen und fluche. „Geht scho“, kommt es von meinem Laufpartner. Bei Kilometer sieben oder acht überholt ihn allerdings ein anderer junger Mann (sein Bruder, wie ich später erfahre) und er zieht an. In diesem Moment sehe ich mich nicht in der Lage den Anschluss zu halten. Wäre ein schönes Erlebnis gewesen, es gemeinsam zu Ende zu bringen, aber auch so freue ich mich sehr darüber. Es hat mir wirklich geholfen.
Im Ziel ist Steffi die Erste, der ich in die Arme falle. Auch meine Freunde und Familie erwarten mich. Ich hatte ein wunderschönes Wochenende und möchte mich bei allen Beteiligten, besonders bei meinem Local-Heroes-Team, dafür bedanken. Der Wettkampf bzw. das Erreichen der Ziellinie waren definitiv die Belohnung für die monatelange Vorbereitung. Geschafft.
Wenn ich drüber nachdenke, ist „Geschafft“ das falsche Wort. Es klingt nach Abschluss oder Ende und es hört sich so an, als hätte man es sehnlichst erwartet. Das ist hier die völlig falsche Beschreibung.
Der Triathlon krempelt die bisherige Art zu leben ziemlich um. Entweder findet man es verrückt oder liebt es. Wenn man Feuer gefangen hat, dann ist es kein Hobby, das nebenbei mitläuft – dafür ist es zu zentral und zeitaufwändig. Es eine Reise und man hat keine Ahnung, wo sie hingeht oder wie lange sie dauert. Somit war der Eberl Chiemsee Triathlon 2018 ein Etappenziel, kein Ankommen. Wer weiß, was die Zukunft bringt.