Jo Spindlers Blog: So holt Ihr das Meiste aus Eurem Trainingscamp!
Für viele Triathleten ist das erste Trainingslager der eigentliche Auftakt für ihre Saison. Nach Winterpause und Weihnachtsstress geht es nun ernsthaft an die Vorbereitung der neuen Ziele.
Alle Athleten investieren viel Zeit, viel Geld, viele Tage des immer zu wenigen Urlaubs in so ein Camp – und gerade deshalb wundere ich mich immer, dass das Training dort dann nicht optimal ist.
Für viele Athleten ist so ein Camp praktisch die einzige Zeit im Jahr, in der sie wirkliches Triathlon-Training machen könnten. Machen sie aber nicht. Stattdessen fahren sie hauptsächlich Rad. Die Umfänge müssen her, im Winter daheim kann man ja nicht fahren. Das führt dann zu 1000 Radkilometern in der Woche, aber die Lauf- und Schwimmumfänge tendieren praktisch gegen 0. Ja man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass für einige Athleten das Camp eine willkommene Ausrede ist, um (guten gewissens) mal nicht Laufen und Schwimmen zu müssen. Man hat ja auf dem Rad schon so viel gemacht.
Gegen einen Radurlaub ist natürlich gar nichts einzuwenden – wenn man halt nicht zufällig Triathlon macht und dort besser werden will, eine Sportart, die aus drei Disziplinen besteht, auch wenn das vor und in einem Camp gerne in Vergessenheit gerät.
Hinzu kommt, dass sich die spezifische Fitness auf dem Rad mit Abstand am besten konserviert – gleichzeitig ist Radfahren auch die Sportart, die am schnellsten wieder auf dem Vorjahresniveau ist. Die Schwimmform geht am schnellsten verloren, ebenso wie die Laufform. Daher lautet eine goldene Regel im Triathlontraining: Wenn man eine Einheit ausfallen lassen muss, dann zuerst die Radeinheit, dann die Laufeinheit und erst dann die Schwimmeinheit. – Was in vielen Trainingslagern gemacht wird, ist genau das Gegenteil.
Besser wäre es, durch die gezielte Kombination von Einheiten in den verschiedenen Disziplinen eine Triathlon-spezifische Ermüdung hervorzurufen und dadurch eine insgesamt bessere Leistungsentwicklung zu erreichen. Triathlon als eigenständige Sportart trainieren, nicht als drei Einzelsportarten. Das muss nicht gleichzeitig bedeuten, dass wenig Rad gefahren word. Die Vorermüdung aus den anderen Disziplinen wird bewusst ins Radfahren integriert (oder umgekehrt) um spezielle Anpassungseffekte zu erreichen. Koppeltraining wäre ein einfaches Beispiel hierfür. Für ein Trainingslager muss man in Tagen, besser Wochen denken. Effekte nicht über 2 Einheiten planen, sondern eher über 20. Mit einem solchen Ansatz ist Zeit, Geld und Schweiß besser investiert als mit sinnlos hohen Umfängen auf dem Rad.
Und noch einen letzten Punkt möchte ich anführen. Meistens wird in zu großen Gruppen gefahren mit dem bekannten Phänomen: Vorne ist die Intensität zu hoch, hinten muss man praktisch nichts machen. Bis eine Steigung kommt, oder ein Ortsschild, dann reißt die Gruppe auseinander, weil die individuellen Leistungsunterschiede doch zu groß sind. Die Gruppendynamik führt fast notwendig zu einer sehr unruhigen Fahrweise. Das alles resultiert in einem sehr unspezifischen Training, mit vielen Belastungswechseln und einer weiten Streuung der Intensität: Einem Training, das zudem noch nicht einmal den Anforderungen im Wettkampf entspricht (Windschattenfahren gehört wenigstens noch nicht offiziell zur Leistungsanforderung eines Triathleten)! Freilich machen solche Einheiten Spaß. Aber man kann seine Zeit auch deutlich effektiver verbringen.
Mein Tipp: Sucht euer Camp nicht nur nach dem Ort aus. Kanaren, Balearen, Zypern, Südafrika, Asien. Es lässt sich überall gut trainieren. Eine ebenso große Rolle sollten Kriterien wie Trainingsbetreuung, Kompetenz der Betreuer und kleine Gruppen (max. 6 Athleten) bei den Radausfahrten sein. Klärt das vor der Buchung ab!
Nehmt einen guten Trainingsplan mit ins Camp – und vor allem eine klare Vorstellung über die erwünschte Balance zwischen Urlaub und Training, Lifestyle und Leistung.
In diesem Sinne: Train smart – und alles Gute fürs erste Camp 2014!
Jo
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Jo Spindler ist Triathlon-Profi und seit 2011 Headcoach des teamTBB Germany. Er konnte in seiner Karriere 5 Langdistanzrennen gewinnen. Als Coach wurde Jo von der Trainerlegende Brett Sutton ausgebildet. Jo trainiert Athleten aller Leistungsklassen.
Homepage und Kontakt: www.jospindler.com